Teilprojekt 4
Predatory Publishing
Über TP4
Wissenschaftliche Kommunikation ist in einem Prozess der Transformation hin zu Open Access. Neue Herausforderungen erwachsen nicht nur aus der zunehmenden Digitalisierung, sondern auch durch generative Künstliche Intelligenz (KI). Im Publikationswesen entstehen neue Modelle: Manche davon fördern eine von Wissenschaftler:innen geleitete und gestaltete Publikationskultur, andere ziehen in betrügerischer Absicht Nutzen aus dieser Zeit des Umbruchs. Die letzteren Akteure sind gemeinhin als Predatory Publisher bekannt und verrufen. Das Geschäftsmodell der Article Processing Charges wird hierbei missbraucht um Geld aus der Publikation in scheinbar seriösen wissenschaftlichen Zeitschriften zu lukrieren, ohne jedoch die damit verbundenen Leistungen von Peer Review bis hin zur Langzeitverfügbarkeit zu erbringen. Dies ist sowohl für Wissenschaftler:innen wie auch die Wissenschaft an sich höchst problematisch. Es entfällt zum Beispiel die Qualitätssicherung im Rahmen der Peer Review; Publikationen sind, wenn überhaupt, nur kurzzeitig verfügbar. Zudem werden Predatory Journals unter anderem von Verschwörungstheoretiker:innen genutzt, um ihren Ansichten einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Publikationsmedien lassen sich aber nicht, wie oftmals üblich, einfach in ‘gute’, will heißen qualitativ hochwertige, Zeitschriften und ‘schlechte’ trennen. Dafür fehlt eine eindeutige Trennschärfe. Vielmehr handelt es sich in Hinblick auf die Qualität der Publikationsmedien um eine Skala, bei der eindeutig betrügerische Zeitschriften sowie Zeitschriften von höchster Qualität die zwei Pole bilden. Dazwischen erstreckt sich eine Vielfalt an Facetten von Qualitätsmerkmalen in unterschiedlicher Ausprägung. Ein singulärer Fokus auf Predatory Publishing reicht also nicht aus. Es gilt die ganze Skala in den Blick zu nehmen, wie auch die Ursächlichkeiten und Transformationen im Bereich wissenschaftlicher Kommunikation.
Das Teilprojekt Predatory Publishing hat, um der Vielschichtigkeit der Thematik gerecht zu werden, daher den Blick von den rein betrügerischen Praktiken auf den größeren Kontext der Qualität wissenschaftlicher Publikationsmedien angesichts des Wandels wissenschaftlicher Kommunikation geweitet. Auch gerade deshalb, weil Bibliotheken und Forschungsservices in vielfältiger Weise betroffen und gefordert sind. Zunächst gilt es, Bewusstsein für diese Veränderungen zu schaffen, Information zu vermitteln und Orientierung zu geben. Dafür ist nicht nur Expertise erforderlich sondern auch die Etablierung einer Praxis, z.B. in Form der Evaluierung von fragwürdigen Zeitschriften. Oftmals sind es an den Universitäten einzelne Personen, die sich dem widmen. Das Teilprojekt Predatory Publishing hat die Möglichkeit geboten, diese erstmals zusammenzubringen und eine Community of Practice, wissKomm, aufzubauen, da die Beschäftigung mit diesen Themen wie auch die im Projekt entwickelte Praxis über das Projektende hinaus im Sinne der Nachhaltigkeit fortzuführen sind. Eine Community of Practice ist mehr als ein reines Austauschforum oder eine Arbeitsgruppe, um Lösungen für tagesaktuelle Fragen zu finden. Sie basiert auf drei Säulen: Domäne – Themenkomplex und Anliegen, Gemeinschaft – das gemeinsame Lernen, Arbeiten und Reflektieren, sowie Praxis – Entwicklung, Pflege und Weiterentwicklung von Fähigkeiten und Praktiken. Eine Gemeinschaft dieser Art geht über das konkrete Tun hinaus: sie hat die tiefer- und weitgreifende inhaltliche Auseinandersetzung als ihre Grundlage und lebt vom Zusammenwirken der unterschiedlichen Erfahrungen, Expertisen und Fähigkeiten derer, die daran teilhaben. Eine Community of Practice ist dabei keine in sich geschlossene Gruppe. Sie steht jeder und jedem offen, der Interesse an den unterschiedlichen Facetten der wissenschaftlichen Kommunikation im Wandel hat.
Eine Community of Practice geschieht im und durch das gemeinsame Arbeiten. Geleitet ist diese durch die fortlaufende inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik in Form der Diskussion von aktuellen Publikationen und Entwicklungen, der Reflexion zu grundlegenden Fragen, wie zum Beispiel was Qualität von Publikationsmedien ausmacht oder der Rolle von Bibliotheken inmitten des Wandels wissenschaftlicher Kommunikation. Dies geschieht nicht nur im Rahmen der Community, sondern auch darüber hinaus. Auf diesem Fundament baut die Praxis, sowohl der Analyse und Evaluierung von fragwürdigen Zeitschriften als auch der Informations- und Wissensvermittlung, auf. Praxis umfasst hierbei die Methodologie wie auch das konkrete Tun. Im Bereich der Evaluierung von Zeitschriften steht die Entwicklung einer Evaluierungsmethodologie und Praxis im Mittelpunkt, die sowohl die Vielzahl der Qualitätskriterien wissenschaftlicher Publikationsmedien als auch die Vielfalt des Spektrums der Qualität selbst umfasst. Umgesetzt und für Kolleg*innen in Bibliothek und Forschungsservices anwendbar gemacht werden soll dies in Form eines Onlinetools, welches gerade in Ausarbeitung ist. Dies soll einerseits die Analyse der formalen Qualität einer Zeitschrift vereinfachen, lässt dabei auf der anderen Seite aber die vielen Facetten der Qualitätsaspekte sowie des Spektrums nicht außer Acht.
In Bezug auf die Wissensvermittlung wurde recht bald ersichtlich, dass die gebräuchlichen Formate wie Schulungen und Informationsvermittlung notwendig sind. Die Projektgruppe hat daher während der Projektlaufzeit zahlreiche Schulungen, Workshops und Vorträge gehalten, sowohl an österreichischen und deutschen Universitäten wie auch bei bibliothekarischen Tagungen. Dies alleine ist aber nicht ausreichend.Praxis im Bereich wissenschaftlicher Kommunikation ist in Veränderung. Bestehende Praxis wird in Frage gestellt und weiterentwickelt. In vielen Bereichen gibt es emergente und neue Praxis. Bibliotheken und Forschungsservices sind Mitgestalter. Für die Entwicklung von Praktiken im Rahmen der Community ist es daher nötig, im Besonderen mit Wissenschaftler:innen in einen Dialogprozess zu treten, um ihre Praxis, Anliegen und Herausforderungen besser zu verstehen. Hierfür wird Facilitation als Methode angewandt. Darüber hinaus hat die wissKomm Community eine Brückenfunktion. Skills und Expertise, die im Rahmen der Community aufgebaut, gepflegt und vertieft werden, werden an den Arbeitsplatz mitgenommen und dort angewendet. Zudem gibt es eine Vernetzung über die Kerngruppe hinaus. Dies geschieht zum einen durch einen zweisprachigen Blog, Scholarly Communication in Transition, und eine deutschsprachige Mailingliste sowie zum anderen durch den Austausch und die Zusammenarbeit mit, unter anderem, Think. Check. Submit. oder DOAJ wie auch mit Kolleg:innen in Deutschland und Großbritannien.
Aktivitäten
TP4-Poster (AT2OA²-Abschlussveranstaltung, 09.10.2024)
https://doi.org/10.5281/zenodo.13982540
Vernetzung
Blog Scholarly Communications In Transition
https://in-transition.at/de/
Mailingliste WissKomm – Wissenschaftliche Kommunikation im Wandel – Predatory und andere Phänomene
Anmeldung: https://mailman.jku.at/mailman/listinfo/wisskomm
Mit folgenden Organisationen pflegt TP4 einen regelmäßigen Austausch:
Von TP4
TP4-Poster (MA-Fest, 13.09.2023)
TP4-Blog (Scholarly Communications In Transition)
Team
Max Bergmann | Universität für Musik und darstellende Kunst Wien |
Andreas Ferus | Akademie der bildenden Künste Wien |
Karoline Feyertag | Universität Klagenfurt |
Lisa Hofer | Universität Innsbruck |
Clara Ginther | Veterinärmedizinische Universität Wien |
Paul Gredler | Universität Salzburg |
Johanna Hubweber | Wirtschaftsuniversität Wien |
Irma Klerings | Universität für Weiterbildung Krems |
Edith Leitner | Mozarteum Salzburg |
Susanne Luger | Universität Linz |
Gerlinde Maxl | Technische Universität Graz |
Adelheid Mayer | Universität Wien |
Eva Mayrgündter | Medizinische Universität Innsbruck |
Gabriela Miechtner | BOKU University |
Marian Miehl | Medizinische Universität Wien |
Irene Prähauser | Kunstuniversität Linz |
Caroline Reitbrecht | Medizinische Universität Wien |
Laura Still | AT2OA2 |
Melanie Stummvoll | Universität Wien / AT2OA2 |
Leonhard Suchenwirth | Technische Universität Wien |
Ursula Ulrych | AT2OA2 |
Eva Willfort | Universität Graz |